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Thursday, April 23, 2015

Aquarellierte Tuschezeichnungen - ein Einstieg ins Bildermalen und -Zeichnen

Bedingt durch eine gesundheitliche Auszeit hatte ich die letzten Wochen ein kleines Problem, die "Freizeit" durch etwas sinnvolles und Spaß vermittelndes auszufüllen. Ich besann mich meiner früheren Ambitionen im zeichnerischen Bereich, nahm mir meine Isographen (Tuschezeichengeräte), suchte meine Restbestände an Aquarellbüttenpapier raus und begann damit, aquarellierte Tuschezeichnungen anzufertigen. In diesem Artikel möchte ich Lust darauf machen, es selbst einmal zu versuchen. 

Nach Vorlagen erstellte ich zuerst einmal mit einem feinen Druckbleistift (0.5mm, HB) eine Vorzeichnung meiner Motive. Es folgte die Tuschereinzeichnung, nach deren Erstellung die Bleistiftskizze mit einem guten Radiergummi (!) entfernt werden konnte. Hierfür verwende ich bei kleinen Papierformaten (bis 17x24cm) einen Isographen der Strichstärke 0.25 bis 0.35mm. Grundsätzlich kann man sagen, je kleiner das Format oder die darzustellenden Details, desto kleiner ist die gewählte Linienstärke. Bei größeren Formaten kann auch schon mal ein 0.7 oder 1.0mm Stift Verwendung finden. Bei den feinen Linienbreiten unter 0.5mm ist zu beachten, daß diese Zeichengeräte schon recht fragile Zeichenröhrchen besitzen, die nicht allzu großem schräg einwirkendem Druck oder sonstiger unsachgemäßer Belastung unterworfen werden dürfen. Zur Erstellung einer Zeichnung, die keinen "technischen" Ansprüchen standhalten muß, kann ein Isograph auch so angewinkelt (in Bezug auf die Papieroberfläche) gehalten werden, wie jedes andere Schreibgerät. Ich denke, daß es nur im Bereich des Technischen Zeichnens erforderlich ist, Isographen in einem Winkel bis ca. 20° in Schräglage auf das Papier aufzusetzen, damit ein einwandfreier Tuschefluß und eine konstante Linienbreite gewährleistet ist. Nach meiner Erfahrung bildet der Tuschemeniskus selbst bei starker schräger Haltung am Ende des Röhrchens durch das immer einige Millimeterbruchteile aus dem Röhrchen herausragende Regulationsfilament eine Oberfläche, die einen Tuschefluß sicherstellt. Dann erfolgt die Anmischung der Aquarellfarben im Malkasten sowie der lasierende Farbauftrag Schicht um Schicht, so daß sich subtraktive Mischfarben bilden. Gemalt wird sowohl "naß in trocken" als auch "naß in naß" (also Farbauftrag auf eine mit Wasser "fließend" gemachte feuchte Papiermatrix). 

Abbildung 1: Beginn des Aquarellierens der Tuschezeichnung, Der Himmel wird "naß in naß" auf feuchtem Papier aufgetragen


Woher bekommt man das benötigte Material und was kostet es? Aquarellpapier sollte es in jedem Bastel-/Hobbyladen geben. Kleine Aquarellfarbkästen kosten neu ab etwa 10-30 €, gebrauchte Kästen, die frustrierte Anfänger bei eBucht einstellen, gehen für etwa 40-60% des Neuwertes. Kauf Dir für den Anfang keinen großen Kasten. So ein "Lukas 1862" mit hundert adretten Farbnäpfen mit Papierbanderolen macht zwar optisch extrem etwas her, aber wenn der damit produzierte "Output" nicht sofort dem von Rembrandt entspricht, beginnen eventuelle Sponsoren, wie Omis, Eltern und Lebensabschnittsgefährten, unruhig auf den Stühlen zu rutschen. ;) Ein anderer Grund für einen zu Anfang eher kleinen Kasten; die benötigten Farbtöne müssen wir uns in 97 % aller Fälle aus einigen wenigen Grundfarben selbst mischen. Deshalb reicht ein Kasten mit zwölf Farben locker aus.

Abbildung 2: Ein Lukas 1862 Aquarellmalkasten mit Näpfen und Rotmarderhaarpinseln


Isographensets mit vier Stiften gehen in der eBucht als Neuware für um die 30-50 Euro. Hier ist es, wenn man kein Fachmann im Umgang mit diesen technischen Zeichengeräten ist, wirklich ratsam, die Finger von Gebrauchtware ("Nachlaßware", "Dachbodenfund", "ich kenne mich damit nicht aus", "funktionierten neu vor fünf Jahren, keine Ahnung, ob jetzt noch", "nicht getestet") zu lassen, weil diese delikaten Geräte, wenn die Tusche in ihren feinen Kapillargängen erst einmal eingetrocknet ist, sich meistens nur noch mit exzessiven Reinigungsorgien oder auch (häufiger!) gar nicht wieder in den zeichenbereiten Zustand versetzen lassen. Tips für Sparfüchse. Kaufe einen einzelnen Stift in der Strichbreite 0.35, 0.5 oder 0.7mm (je nach Größe der geplanten Bilder, oft bilden sich nach einigen Monaten Vorlieben für bestimmte Strichbreite heraus), das ist dann für etwa 6-20 € realisierbar. Ein Fläschchen Tusche mit 23 ml kostet dann noch etwa 9 €. Wer das Sparen auf die Spitze treiben will, der ersteigert sich einen gebrauchten Stift, der sehr wahrscheinlich eingetrocknet ist, für 1-2 € und einen schlecht beschriebenen Ersatzzeichenkegel für deutlich unter zehn €. (ich hatte neulich ein Paket mit drei Kegeln 1.0mm und einem Kegel 0,25mm für sechs € ersteigert, den 0.25 Kegel habe ich behalten, die drei 1.0 Kegel habe ich für 9 € weiter verkauft (wie so oft in der Bucht; schlechte Bilder -> wenig Kohle, gute Bilder -> viel Kohle). Bei guter Pflege halten diese Stifte Jahre und sind, wenn man das Zeichnen als "sein Ding" entdecken sollte, eine gute Investition. 

Abbildung 3: Isographenset der Rotring Werke Riepe KG, Hamburg


Abbildung 4: Ersatzzeichenkegel verschiedener Linienstärken

Abbildung 5: Die feine Zeichenspitze eines 0.35mm Zeichenkegels. Deutlich sichtbar (Ausschnitt) ist an der Spitze des Zeichenrohrs das hervorstechende Regulierungsfilament (Reinigungsdraht, Regulierdraht). 

Wichtig ist, die Ruhe zu bewahren. Ein auch noch so klein erscheinendes Aquarell läßt sich nur schwerlich in einem Arbeitsgang fertigstellen. Immer wieder braucht es Ruhephasen, in denen bearbeitete Bereiche wieder vollständig abtrocknen können, damit neue Farbaufträge in Angriff genommen werden können. Auch kann man die erreichte Farbwirkung wirklich einwandfrei nur bei Tageslicht und bei vollständig durchgetrocknetem Papier beurteilen. Reinweiße und helle Bereiche im Bild werden nur durch das Durchscheinenlassen des weißen Papiers gebildet. Die "Chinaweiß", "Titanweiß" oder "Deckweiß"-Variante sieht dagegen immer erstickend, blaß und bemüht aus. Wichtig ist, daß man sich immer darüber im Klaren ist, daß beim Aquarell - im Gegensatz zu Tempera oder Ölfarben - die Mischung der Farben immer erst auf dem Papier im Zusammenspiel mit dem darunter durch"leuchtenden" Papier zustande kommt. Sogesehen ist ein Aquarell ein bischen so, wie ein Diapositiv; das Tageslicht fällt durch einen Farbträger und erzeugt so das Bild auf der Leinwand. Beim Aquarell ist das Papier gleichzeitig der Farbträger und die Leinwand.

Hat man dann das Motiv zu Papier gebracht und hält die Umsetzung für gelungen, ist es an der Zeit, die Welt von der Geburt eines neuen, großartigen Kunstwerkes wissen zu lassen. Mittels einer digitalen Systemkamera, eines nicht verzeichnenden Reproobjektives und eines Statives lichte ich hier das Motiv ab. Wichtig für ein gutes Foto ist helles, aber diffuses Tageslicht, direktes Sonnenlicht führt zu Schlagschatten, die die Struktur des Aquarellpapieres zutage treten lassen (nicht schön!). ein weißer Reflektor von der Zimmerseite her hilft bei der gleichmäßigen Ausleuchtung.

Abbildung 6: Reproaufbau mit improvisiertem Reflektor (Buch)


















Abbildung 7: Das fertige Werk; Leuchturm Westerhever (Eiderstedt, Schleswig-Holstein) mit Deichvorland (Überschwemmungsland). In den Achtzigern weideten dort noch Schafe, da das Vorland noch nicht als Naturschutzgebiet ausgewiesen war.



Wangerooge - die "Verbotene Insel"

Wangerooge - die „Verbotene Insel“

Der erste Eindruck läßt sich durch nichts ersetzen - so sagt man...

Wenn eine Fähre Helgoland erreicht, so bricht irgendwann aus dem über dem Meer liegenden Dunst das eindrucksvolle rote Steilkliff hervor, ein Raunen geht über das Deck und die Fotoapparate und Videokameras werden gezückt. Wenn die Seebäderschiffe auf der Reede vor Anker gehen, ist schon von weitem aus der Schriftzug am Börteanleger zu lesen, der die Besucher mit „Welkoam iip Lunn“ (Willkommen an Land) begrüßt. Andere Inseln, die selbe Situation; betreten die Gäste das Hafengelände von Wyk auf Föhr oder Wittdün auf Amrum, so begrüßen große Banner an den Landungsbrücken ebendiese mit „Willkommen auf .....“. 
Abbildung 1: „Willkommen auf Föhr“
 Man fühlt sich im wörtlichen Sinne gleich willkommen und freut sich auf die nun anbrechende Auszeit auf der Insel.
Ich besuchte nach 1976 Wangerooge im September 2014 zum zweiten Mal für zwei Wochen und konnte mir einen eigenen Eindruck verschaffen. Wie also schneidet im Vergleich zu anderen Nordseeinseln Wangerooge ab? Nun, zunächst einmal mit einem durchaus spektakulären Auftritt; nach ca. einer halben Stunde zeichnet sich die Düne des Weststrandes als hellgelbes Band gegen die blauen Fluten ab, die beiden großen Türme, die so gegensätzlicher nicht sein könnten, werden zuerst schemenhaft, dann immer deutlicher sichtbar.
Abbildung 2: Die Wangerooger Türme im Westen von der Fähre aus
Der eine ein rechteckiger, ziegelsteinfarbener Turm mit einer baulichen Peileinrichtung (die beiden kleinen Turmspitzen), die - in Linie - die geografische Nordrichtung verdeutlicht, der aber nur eine Reminiszenz an den zu Beginn des Ersten Weltkrieges abgerissenen alten Westturm darstellt und, bis auf seine Funktion als Landmarke, keinerlei navigatorische Bedeutung mehr besitzt. Der andere ein schlanker, hoher und runder, rotweiß gebänderter Stahlturm, vollgepackt mit Drehfeuer, Richtfeuern, Radar- und sonstigen Antennen, um den Anforderungen der Leitung des Schiffsverkehrs gerecht zu werden.

Je näher die Fähre sich dem Hafen nähert, desto mehr drängt sich der Eindruck  auf, daß dem Hafen etwas provisorisches, unvollkommenes, nicht zu Ende gebrachtes anhaftet. Im Westen geht die Dünenlandschaft beinahe übergangslos in das Hafengelände über, im Osten schützen ein scheinbar viel zu niedriger Steinwall und eine einwandige Spundwand ohne Hinterschüttung das Sportboot- und Fährschiffsbecken. Wenn Sturm und Schwell aus dem Süden oder Osten ansteht, wird der Ort sicher ein eher ungemütlicher Schutzhafen sein. Ins Auge fallen weiterhin die Baracken der DGzRS, des Wangerooger Segelclubs und der Hafenmeisterei, die sämtlich auf abgestrebten Stelzen gebaut sind. Man kann sich lebhaft vorstellen,  was hier im Winterhalbjahr bei Springtide und in die Deutsche Bucht drückendem Weststurm abgehen kann. Dieses alles  verschafft dem Hafen von Wangerooge eine besondere Atmosphäre. Er erscheint wie ein Vorposten der menschlichen Zivilisation in einer Umwelt, die geprägt ist von der Gewalt des Wassers, des Windes und des wandernden Sandes.
Abbildung 3: Erreichen des Hafens

Abbildung 4: Der Innenhafen mit Gebäuden

Das Bild ändert sich, wenn die Festmacherleinen übergeben sind und die Gangway den Gang ans Land ermöglicht. Auf dem gesamten Gelände des Hafens stechen Verbotsschilder mehr oder weniger direkt ins Auge. Der Ton ist sehr direkt und sehr deutsch. Statt freundlich darum zu bitten, „Dieses“ oder „Jenes“ zu unterlassen und an die Vernunft der Passanten zu appellieren, herrscht ein Befehlston vor. „(Es) ...ist verboten....“ ist das gängige Satzgerüst, auf dem aufbauend die verbotenen Handlungen beschrieben werden. Diese Bild setzt sich im Ort leider fort. Man kann den Sinn einer Fußgängerzone auf einer autofreien Insel ja noch in Ansätzen verstehen, auch wenn andere Inseln (spontan fällt mir Langeoog ein) die ganze Sache etwas legerer „handlen“ und eine dort ausgewiesene Fußgängerzone als „frei für Radfahrer bei Schrittgeschwindigkeit“ auszeichnen. Vollständig lächerlich aber wird es, wenn man über parallel verlaufende Nebenstraßen der „Zedeliusstraße“ endlich per Rad zur Strandpromenade vorgestoßen ist. Dort fallen sofort die Schilder und aufgebrachten Fahrbahnmarkierungen, die ein Verbot von Rädern auf der Promenade verdeutlichen, ins Auge. „OK“, denkt man sich, „wenn es politisch so gewollt ist...“, aber nach kurzer Suche findet man nur einen alten klapprigen Radständer in Bereich der Gemeindeverwaltung, der allenfalls dafür geeignet ist, teure Felgen, Speichen und Rahmen zu verkratzen.

Das ging auch mir so, aber lüstern und rebellisch funkelte in meinen Augen die Attitüde eines Freizeit-Gesetzesbrechers, der das undenkbare wagte und das Rad zu Fuß auf die mit braunen Ziegeln gepflasterte Freifläche der Strandpromenade schob. Hier wollte ich den Sonnenuntergang genießen und schaute mich nach einer Gelegenheit um, das Rad in Zugriffsweite abzustellen. Was mußte ich da entdecken?! In fein-säuberlichen Abständen waren auf die Innenseite der etwa hüfthohen Abschlußmauer kleine Blechschilder geklebt worden, auf denen zu lesen stand „Fahrräder abstellen verboten“. Die Spitze des Eisbergs ist es dann aber, die Räder förmlich (selbst wenn sie geschoben und/oder abgestellt werden) de facto von der Strandpromenade zu verbannen. Wangerooge kann viel von anderen Nordseebädern lernen, was den entspannten Umgang mit (Kurtaxe zahlenden) radfahrenden Touristen angeht, die in zwei Wochen eine Menge Geld auf der Insel lassen. Ob ich dieses jedoch noch ein zweites Mal in Wangerooge tun werde, da bin ich mir eher unsicher, da ich als 40% Gehbehinderter mein Rad wie andere körperlich Behinderte ihren Rollstuhl benutze. Schade, Wangerooge! Ein erster Eindruck, der sich leider verfestigt hat.

Abbildung 5: Kleine Verbotsschild-Collage, aufgenommen auf Wangerooge im September 2014


P.S.: Ach ja, das Rad auf dem Fotoausschnitt unten rechts ist mein Rad, aufgenommen beim Besuch in 2014. Schickt mir das Ordnungsamt Wangerooge jetzt ein Ticket? ;-)